Inszenierung Robert Gerloff
Bühne Gabriela Neubauer Kostüme Johanna Hlawica Musikalische Leitung Imre Lichtenberger Bozoki Dramaturgie Veronika Maurer
Nils Hohenhövel Der dritte Gott/Der Schreiner Lin To/Der Arbeitslose Isabella Knöll Frau/Nichte der achtköpfigen Familie/Teppichhändlerin Steffi Krautz Frau Yang/Die Hausbesitzerin Mi Tzü Andreas Patton Der erste Gott/Der Barbier Shu Fu Gertrud Roll Die Witwe Shin Claudia Sabitzer Shen Te Jan Thümer Der zweite Gott/Yang Su/Bruder der achtköpfigen Familie Lukas Watzl Wang, ein Wasserverkäufer/Mann der achtköpfigen Familie Constanze Winkler Neffe der achtköpfigen Familie/Teppichhändler/Kellner Imre Lichtenberger-Bozoki Raphael Meinhart Oliver Stotz Musiker
„Der gute Mensch von Sezuan“ ist eines der bedeutendsten Werke des deutschen Dramatikers Bertolt Brecht. Das Stück, das 1943 uraufgeführt wurde, gehört zu den Meisterwerken des Epischen Theaters und thematisiert die moralischen und wirtschaftlichen Herausforderungen des menschlichen Lebens.
Brechts Werk stellt Fragen nach der Vereinbarkeit von gutem Handeln und ökonomischem Überleben und untersucht die gesellschaftlichen Bedingungen, die ethisches Handeln oft erschweren.
Brecht entwickelte das Epische Theater als Reaktion auf die bürgerliche Theatertradition, die er als illusionistisch kritisierte. Im Gegensatz zum aristotelischen Drama, das auf Identifikation und Katharsis setzt, zielt Brechts Ansatz darauf ab, das Publikum zur kritischen Reflexion anzuregen. Um dies zu erreichen, nutzte er den Verfremdungseffekt.
Dieser Effekt soll den Zuschauer aus der Illusion des Theaters reißen und ihn daran erinnern, dass er ein Kunstprodukt betrachtet. In „Der gute Mensch von Sezuan“ wird der V-Effekt auf verschiedene Weisen eingesetzt, zum Beispiel durch direkte Ansprachen an das Publikum, Songs, die die Handlung unterbrechen, sowie durch eine episodische Struktur.
Das Stück spielt in der chinesischen Provinz Sezuan und folgt der Protagonistin Shen Te, einer Prostituierten, die von drei Göttern auserwählt wird, um die einzige gute Person in einer korrupten Welt zu sein. Die Götter belohnen sie mit Geld, womit sie einen Tabakladen eröffnet.
Jedoch missbrauchen die Menschen ihre Gutmütigkeit, was Shen Te dazu zwingt, sich eine pragmatische und rücksichtlose Alter Ego, Shui Ta, zuzulegen. Diese gespaltene Existenz wirft komplexe Fragen auf: Ist es überhaupt möglich, in einer kapitalistischen Gesellschaft gut zu sein? Muss man sich dem Egoismus und der Härte der Welt anpassen, um zu überleben?
„Der gute Mensch von Sezuan“ ist durchdrungen von Brechts marxistischer Weltsicht und übt scharfe Kritik an den sozialen und ökonomischen Strukturen seiner Zeit. Die Dualität zwischen Shen Te und Shui Ta dient als dialektisches Stilmittel, das die Widersprüche und Konflikte innerhalb der Gesellschaft offenlegt.
Shen Tes Güte steht im Gegensatz zu Shui Tas Härte, und diese Polarität illustriert die Unvereinbarkeit von moralischem Idealismus und kapitalistischer Realität. Brecht zeigt damit, dass individuelles Wohlergehen oft nur auf Kosten anderer erreicht werden kann, was eine tiefgreifende Ungerechtigkeit in den gesellschaftlichen Strukturen suggeriert.
Brecht nutzte „Der gute Mensch von Sezuan“ nicht nur, um eine fesselnde Geschichte zu erzählen, sondern auch, um seine politischen und gesellschaftlichen Ideen zu propagieren. Durch innovative Techniken wie den Verfremdungseffekt und eine dialektische Dramaturgie fordert er das Publikum auf, nicht nur über die dargestellten Situationen nachzudenken, sondern auch über ihre eigenen Lebensumstände und die Struktur der Gesellschaft, in der sie leben. Das Stück bleibt relevant, da es fundamentale Fragen über Ethik, Moral und sozioökonomische Gerechtigkeit aufwirft, die auch heute noch von Bedeutung sind.
„Der gute Mensch von Sezuan“ ist ein exemplarisches Werk des Epischen Theaters und ein kraftvolles Mittel zur gesellschaftlichen Kritik. Durch die geschickte Verwendung theatraler Techniken und komplexer Charaktere regt Brecht das Publikum dazu an, die Mechanismen ihrer eigenen Gesellschaft kritisch zu hinterfragen und die Bedingungen zu überdenken, die moralisches Handeln beeinflussen und oft behindern.
Das Stück bleibt ein wichtiger Beitrag zur Theaterwissenschaft und zur Diskussion über die Rolle und Verantwortung des Individuums in einer komplexen Welt.
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