Inszenierung Alexander Charim
Bühne, Kostüme & Video Ivan Bazak Musik/Komposition Matthias Jakisic & Sam Vahdat Dramaturgie Heike Müller-Merten
Thomas Frank Ferdinand Krutzler, Notwehrspezialist Peter Fasching Fritz Wessely/KZ-Buchhalter/Dr. Harlacher/Odessajude Isabella Knöll Busch/Nonne/Irena Nummer 3027/Die blonde Weissrussin/Pensionistin Matthias Luckey Herwig, Sohn von Busch/Wirt/Nazihuber/Dostal, SS-Obersturmbannführer/Seibold/Petrow/Odessajude Sebastian Pass Hans Praschak/Krutzlervater/Grünbaum alias Greenham/Honzo Andreas Patton Alfred Podgorsky/Der alte Schrank/Praschakvater/Geldscheißerfranz/Librettist/Odessajude/Ahab/Barkeeper im Ray/Pensionist Lisa-Maria Sommerfeld Sikoramutter/Kellnerin/Librettistentochter/Gusti/Tosa/Freier im Ray/Milady/Aida-Kellnerin Birgit Stöger Krutzlermutter/Nachbarin/Denunziantin/Mandalchef alias „Der Zehner“/Bregovic/Wirtin vom Gelben Papagei/Der Deutsche/Lassnig/Vollzugsbeamtin/Pensionistin Lukas Watzl Karl Sikora/Kz-Buchhalter/Bote/Gisela
Musiker Matthias Jakisic/Simon Schellnegger Sam Vahdat/Markus Jakisic Leonard Dickson/Thomas Käfer
David Schalkos „Schwere Knochen“ ist ein vielschichtiges Dramenwerk, das sich mit den Themen Erinnerung, Verlust und der menschlichen Existenz auseinandersetzt. Ursprünglich als Fernsehfilm konzipiert, erlangte das Werk durch seine Bühnenadaptionen eine neue Dimension, die sowohl die ästhetischen als auch die narrativen Qualitäten des Originals hervorhebt.
Schalkos einzigartige Erzählweise und sein subtile Humor erlauben es, tief in die menschliche Psyche einzutauchen und die Abgründe des Lebens zu erkunden.
„Schwere Knochen“ folgt dem Leben von Protagonisten, deren Schicksale durch ihre persönlichen und gesellschaftlichen Lasten geprägt sind. Die Struktur des Stücks ist fragmentiert und nicht-linear, was die Thematik der Erinnerung unterstreicht.
Rückblenden und Traumsequenzen entfalten sich während des Geschehens und verdeutlichen, wie stark Erinnerungen und vergangene Entscheidungen das gegenwärtige Leben der Figuren beeinflussen. Schalko nutzt diese Technik, um die Komplexität der menschlichen Identität darzustellen und die Unausweichlichkeit des Vergänglichen zu thematisieren.
Die Charaktere in „Schwere Knochen“ sind vielschichtig und komplex, jeder von ihnen trägt seine eigenen „schweren Knochen“. Sie sind Spiegelbilder ihrer Ängste und Sehnsüchte, die oft in einem ständigen Konflikt zwischen persönlichem Glück und sozialer Akzeptanz gefangen sind.
Der Protagonist steht exemplarisch für den gescheiterten Menschen, der trotz seiner Bemühungen und Träume in der Realität scheitert. Dies wird durch die vom Autor geschaffenen Dialoge und Monologe deutlich, die tiefe Einblicke in die Gedankenwelt der Figuren gewähren.
Ein zentrales Thema ist der Umgang mit Verlust. Die Figuren navigieren durch ihre Trauer und versuchen, einen Sinn in ihrem Dasein zu finden. Diese emotionale Tiefe wird durch die konfliktreiche Interaktion der Charaktere verstärkt und schafft eine intensive Verbindung zum Publikum.
Ein zentrales Thema von „Schwere Knochen“ ist die Frage nach der Identität und dem Sinn des Lebens angesichts der Vergänglichkeit. Schalko thematisiert, wie individuelle und kollektive Erinnerungen die Wahrnehmung der Realität beeinflussen. In einer Welt, die von hektischem Wandel und sozialem Druck geprägt ist, kämpfen die Charaktere darum, ihren Platz zu finden und gleichzeitig ihre Vergangenheit zu verarbeiten. Das Stück fordert das Publikum heraus, über die eigene Identität und die Bedeutung von Gemeinschaft und Zugehörigkeit nachzudenken.
Darüber hinaus wird die Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit thematisiert. Die schweren Knochen symbolisieren nicht nur physische Lasten, sondern auch die emotionalen und psychologischen Belastungen, die die Figuren mit sich herumtragen. Diese Symbolik eröffnet einen Raum für Reflexion über das eigene Leben und die eigenen „Knochen“, die jeder Mensch mit sich trägt.
Die Inszenierung von „Schwere Knochen“ ist entscheidend für das Verständnis der Thematik. David Schalko verwendet eine reduzierte Bühnenästhetik, die den Fokus auf die Darsteller und deren Interaktionen lenkt. Die minimalistische Ausstattung ermöglicht es, die Emotionen der Charaktere hervorzuheben und die Intensität der Beziehungen zu betonen. Licht- und Toneffekte werden gezielt eingesetzt, um Stimmungen zu erzeugen und die innere Zerrissenheit der Figuren auszudrücken.
Die Verwendung von Metaphern und Symbolen ist ein weiterer wichtiger Aspekt der Ästhetik. In den Dialogen wird häufig auf Alltagssituationen verwiesen, die durch symbolische Elemente aufgebrochen werden, die die tiefere Bedeutung der Charakterkonflikte verdeutlichen. Diese Kunstfertigkeit im Umgang mit Sprache und Bildsprache stärkt die emotionale Wirkung des Stücks und zieht das Publikum in die komplexe Welt der Figuren hinein.
Gesamt gesehen ist David Schalkos „Schwere Knochen“ ein bedeutendes Stück der modernen Dramatik, das durch seine thematische Tiefe und innovative Erzählweise besticht. Die Auseinandersetzung mit Identität, Erinnerung und Verlust lädt das Publikum dazu ein, sich mit den eigenen inneren Konflikten auseinanderzusetzen.
Die Formate der Inszenierung und die Komplexität der Charaktere machen das Stück sowohl emotional berührend als auch intellektuell herausfordernd. Schalkos Werk bleibt ein eindringliches Beispiel für die Möglichkeiten des Theaters, tief menschliche Themen zu reflektieren und das Publikum auf eine Reise durch die menschliche Existenz mitzunehmen.