Chicago

Inszenierung Walter Bobbie – Broadway-Produktion 1996
Choreographie Bob Fosse Musik, Book/Lyrics, Originalproduktion 1975 John Kander & Fred Ebb Choreographie Broadway-Produktion 1996 Ann Reinking

Britten van Loggerenberg Go-to-Hell Kitty Samantha Peo Velma Kelley Carmen Pretorias Roxie Hart Ferdinand Gernandt Fred Casely Thamsanqa Njoko Sergeant Fogerty Grant Towers Amos Hart Landi Gavin Liz Natasha van der Merwe Annie Stephania du Toit June Diani Gernandt Hunyak Raquel Munn Mona Ilse Klink Mama Morton Craig Urbani Billy Flynn KJ Haupt Mary Sunshine Hugo Madeleyn Doctor  Craig Arnolds The Jury Jarryd Wurden  Aaron Michael Fullard Bailiff Thamsanqa Njoko The Judge Sibusiso Mxosana Martin Harrison Michael Fullard Clerk Ferdinand Gernandt McVickers

 

 

Chicago„, ein Musical komponiert von John Kander mit Texten von Fred Ebb, feierte seine Premiere 1975 am 21. Juni am 46th Street Theatre in New York City. Das Werk basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück von Maurine Dallas Watkins, das von den realen Kriminalfällen in Chicago der 1920er Jahre inspiriert wurde. Diese Analyse untersucht die thematische Tiefe, die Struktur und die stilistischen Elemente von „Chicago„, die das Stück zu einem zeitlosen Klassiker des Musicals gemacht haben.

Die Entstehung von „Chicago“ fällt in eine Zeit, in der das Musical eine bedeutende Entwicklung erlebte. In den 1970er Jahren begannen viele Produktionen, sich von den klassischen Märchenhandlungen abzuwenden und komplexere, oft auch düstere Themen zu behandeln. „Chicago“ reflektiert die gesellschaftlichen Umbrüche jener Zeit, insbesondere die Wahrnehmung von Ruhm, Macht und Korruption. Die Geschichte entfaltet sich vor dem Hintergrund eines von Skandalen geprägten Justizsystems und spielt mit der Faszination der Öffentlichkeit für Verbrechen und deren Protagonisten.

Chicago“ folgt der Geschichte von Roxie Hart, einer ehrgeizigen Tänzerin, die ihren Geliebten ermordet, um ihre Karriere zu fördern. Nach ihrer Verhaftung wird sie von dem charismatischen Anwalt Billy Flynn verteidigt, der die Medien für seinen eigenen Vorteil manipuliert. Die anderen zentralen Figuren, wie Velma Kelly und Mary Sunshine, verstärken die Themen von Rivalität und Betrug. Alle Charaktere sind durch ihre Gier nach Ruhm miteinander verbunden, was die Frage aufwirft: Was sind die moralischen Kosten des Erfolgs?

Die Struktur des Musicals ist nicht linear, sondern erinnert an ein Varieté-Format, das durch Musiknummern und Tanzeinlagen unterbrochen wird. Diese episodische Erzählweise verstärkt den Gefühlston der Oberflächlichkeit, die das Thema des Glamours und der Scheinheiligkeit illustriert.

Ein zentrales Motiv in „Chicago“ ist das Spiel mit der Wahrnehmung von Schuld und Unschuld. Die Charaktere sind nicht nur Opfer ihrer Umstände, sondern auch aktive Spieler in einem systemischen Spiel, in dem die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwommen sind. Dies wird besonders deutlich in der Darstellung der Medien, die die öffentliche Meinung formen und die Wahrheit verzerren.

Darüber hinaus thematisiert „Chicago“ die Genderdynamik der 1920er Jahre. Roxie und Velma sind starke weibliche Figuren, die sich in einer von Männern dominierten Welt behaupten.

Ihr Empowerment wird jedoch von der Fragilität ihrer Positionen innerhalb des Justizsystems und der Gesellschaft insgesamt überschattet. Die Inszenierung dieser Charaktere als Frauen, die ihre Sexualität und ihren Charme nutzen, um Macht zu erlangen, stellt eine kritische Auseinandersetzung mit Femininität und Agency dar.

Die Musik von „Chicago“ ist charakteristisch für die Stilrichtung des Jazz, was nahtlos in die Handlung und die Zeitperiode integriert ist. Die eingängigen Melodien und rhythmischen Strukturen tragen zur Dynamik des Stücks bei und unterstützen die emotionale Tiefe der Charaktere. Lieder wie „All That Jazz„, „Cell Block Tango“ und „Razzle Dazzle“ sind nicht nur musikalische Höhepunkte, sondern auch kommentierende Elemente, die die Geschichten der Akteurinnen und ihre Strategien zur Erlangung von Ruhm reflektieren.

Die Verwendung von musikalischen Leitmotiven verstärkt die Identität der Figuren und bietet dem Publikum einen tieferen Einblick in deren Psyche. So ist etwa das Motiv von Roxie als eine Mischung aus Verführung und List gestaltet, während Velmas Lieder oft eine aggressive Energie ausstrahlen, die ihre Dominanz unterstreicht.

Die ästhetische Präsentation von „Chicago“ ist stark beeinflusst von den visuellen Codes des Kabaretts, was durch die minimalistische Bühnengestaltung und die markanten Kostüme unterstrichen wird. Diese gewollte Reduktion auf das Wesentliche lässt die Performances der Darsteller in den Vordergrund treten und schafft eine Atmosphäre, die sowohl verführerisch als auch kritisch ist.

Regisseure und Choreografen wie Bob Fosse haben durch ihre innovativen Ansätze das Stück geprägt und ihm zu seinem ikonischen Status verholfen. Die Kombination aus Bewegung, Musik und schauspielformalen Inszenierungen erstellt ein visuelles Erlebnis, das die Themen des Musicals verstärkt und die Zuschauer mit seiner Provokation anspricht.

Insgesamt ist „Chicago“ mehr als nur ein unterhaltsames Musical; es ist eine tiefgreifende kritische Reflexion über Gesellschaft, Ruhm und die dunklen Seiten des amerikanischen Traums.

Durch die gelungene Verschmelzung von Musik, Tanz und Theater gelingt es dem Stück, relevante Fragen zu stellen, die bis heute an Brisanz gewonnen haben. Die zeitlose Anziehungskraft von „Chicago“ zeugt von der Kunstfertigkeit der Schöpfer und der Fähigkeit des Theaters, komplexe menschliche Erfahrungen zu reflektieren und herauszufordern.

 

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