Inszenierung Miloš Lolić
Bühne Wolfgang Menardi Kostüme Jelena Miletić Choreographie Jasmin Avissar Musikalische Leitung Bernhard Neumeier Dramaturgie Roland Koberg
Gábor Biedermann Ben Peter Fasching Zach Günter Franzmeier Newton Rainer Galke Michael Anja Herden Teenage Girl Evi Kehrstephan Teenage Girl/Maemi Katharina Klar Girl Isabella Knöll Elli Christoph Rothenbuchner Valentine Claudia Sabitzer Japanese Girl Maria Stippich Teenage Girl
Bernhard Neumeier Helmut Stippich Christian Neuschmied Patrick Zambonin Andreas Letter Manfred Franzmeier Miki Lieberman Ryan Thomas Carpenter Musiker
nach dem Roman „The Man Who Fell to Earth“ von Walter Tevis
„Lazarus„, das von David Bowie und Enda Walsh geschaffene Musical, ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Verschmelzung von Musik, Theater und bildender Kunst. Inspiriert von Bowies ikonischem Charakter Thomas Jerome Newton aus dem Film „Der Mann, der vom Himmel fiel“ (1976), nähert sich das Stück Themen wie Identität, Verlust und den Kampf um die eigene Menschlichkeit. Diese Analyse beleuchtet die zentralen dramaturgischen Strukturen, die Symbolik und die Relevanz von „Lazarus“ im Kontext der zeitgenössischen Theaterlandschaft.
Die Struktur von „Lazarus“ ist wesentlich nicht-linear und bricht mit traditionellen Erzählformen des Musicals. Statt einer klaren Handlung entwickelt sich die Geschichte assoziativ durch verschiedene Szenen, Lieder und Rückblenden.
In diesem Sinne ähnelt sie einer Collage, die es dem Publikum ermöglicht, in emotionalen und psychologischen Räumen zu wandern, ähnlich wie die inneren Konflikte der Hauptfigur.
Thomas Jerome Newton, gespielt von Michael C. Hall in der ursprünglichen Inszenierung, ist ein entfremdeter Charakter, der zwischen Dimensionen der Erinnerung und Träume hin und her pendelt. Der Umgang mit seiner Einsamkeit und seinem Streben nach einem Sinn im Leben wird durch die musikalische Untermalung verstärkt, die sowohl nostalgisch als auch futuristisch wirkt.
Bowies Musik fungiert hier nicht nur als Begleitmittel, sondern ist integraler Bestandteil der Handlung und der Charakterentwicklung.
Ein zentrales Motiv in „Lazarus“ ist das Thema des „Wiedergängers“. Der Titel selbst verweist auf die biblische Figur Lazarus, den Jesus von den Toten auferweckt hat. Diese Referenz erweckt Fragen zu Tod und Wiedergeburt und verdeutlicht die existenziellen Kämpfe der Protagonisten. Newton lebt zwar physisch, fühlt sich jedoch geistig tot – eine Metapher für die Entfremdung in der modernen Gesellschaft.
Die symbolische Auferstehung wird nicht nur wörtlich, sondern auch metaphorisch für den kollektiven menschlichen Zustand interpretiert, der oft von Isolation und der Suche nach Zugehörigkeit geprägt ist.
Zu den weiteren bedeutenden Symbolen zählen die wiederkehrenden Bilder des Raumschiffes, das für Flucht und Hoffnung steht, sowie die düstere Umgebung, die die innere Leere der Charaktere widerspiegelt. Zudem ist der Einsatz von Licht und Schatten in der Inszenierung entscheidend, um Stimmungen zu erzeugen und die emotionale Tiefe zu verdeutlichen.
Die Musik in „Lazarus“ ist nicht nur begleitend, sondern erzählt aktiv mit. Bowies Kompositionen verbinden Rock-Elemente mit einer dramatischen Narrative, die das Publikum in einen immersiven Zustand versetzt. Songs wie „Life on Mars?“ und „Heroes“ sind nicht nur Klassiker, sondern werden in einem neuen Kontext interpretiert, der die Relevanz dieser Themen über Jahrzehnte hinweg unterstreicht. Die Lieder sind nicht isoliert zu betrachten, sondern sind Teil des Erzählflusses, der das emotionale Gewebe des Stückes stärkt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Art und Weise, wie die Musik die Emotionen der Charaktere reflektiert. Der Kontrast zwischen den kraftvollen, ansteckenden Melodien und den düsteren Texten verstärkt die Diskrepanz zwischen äußeren Erscheinungen und innerem Erleben und fordert das Publikum heraus, über die oberflächlichen Botschaften hinauszudenken.
Die Uraufführung von „Lazarus“ am 25. November 2015, zwei Tage vor Bowies 69. Geburtstag, war sowohl eine Hommage als auch ein Abschiedsgruß an den Künstler, der nur zwei Monate später verstarb.
Die enge Verbindung zwischen dem Werk und Bowies eigener Biografie verstärkt die Thematik des Lebens und der Vergänglichkeit und berührt die Zuschauer auf einer tiefen, persönlichen Ebene.
Darüber hinaus spiegelt „Lazarus“ die Herausforderungen und Dilemmas der modernen Existenz wider, insbesondere in Bezug auf Themen wie Identitätspolitik, psychische Gesundheit und die Suche nach Sinn in einer zunehmend fragmentierten Welt. In einer Zeit, in der viele Menschen mit ähnlichen Fragen konfrontiert sind, bleibt die Relevanz des Stücks ungebrochen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Lazarus“ ein komplexes, vielschichtiges Werk ist, das die Grenzen des Musicals neu definiert. Durch die Kombination von innovativer Dramaturgie, tiefgründiger Symbolik und der unverwechselbaren Musik David Bowies schafft das Musical ein eindrucksvolles Erlebnis, das sowohl künstlerisch als auch emotional resoniert.
„Lazarus“ ist mehr als nur ein Theaterstück; es ist eine eindringliche Reflexion über das Menschsein, das in seiner universellen Aufforderung zur Suche nach Wahrheit und Verständnis auch heute noch von höchster Relevanz ist.